..Mich überkam ein sehnsüchtiges Gefühl. Ich sehnte mich plötzlich nach etwas was irgendwann einmal große Bedeutung für mich hatte. Das Korn der Verrücktheit, lautloses Schweben im Sommerwind…Blödsinn, schalt ich mich- so war es eben wenn man älter wurde. Schließlich sind wir alle älter geworden.Verstohlen schaute ich Lydia an. Sie trug ihre Haare immer noch lang, jedoch in feinen Dauerwellen und hatte blonde Strähnchen machen lassen. Das ließ sie ein bisschen mehr Püppchenhaft erscheinen. Ihr anarchischer Zug war völlig verschwunden. Er war einer seltsamen Leere gewichen. Ich erschrak. Sah ich etwa auch so aus…so leer.In meiner Magenhöhle bohrte ein Schmerz..Lydia redete weiter von ihrem Lieblingsthema Joe. Immer Joe. Es nahm kein Ende.
Obwohl ich mich auf ihre Besuche freute war da doch immer eine leichte Spannung
Doch sie brachte Leben in mein Dasein. Viele Freunde waren uns nicht geblieben. Lydia war meine einzigste Freundin die geblieben war und sie kam auch nur wenn Dany nicht da war.
…mein Dasein. Mir fiel auf dass eigentlich nur immer sie diejenige war die erzählte. Zurückgelehnt, die Kaffeetasse wärmend in ihren Händen saß sie in meinem Wohnzimmer und plätscherte ihre Worte auf mich herab-sie fielen auf mich wie Wasser auf verdurstendes Land das seine lebensspendende Kraft niemals mehr würde ausbreiten können.
Was gab es bei mir zu erzählen? Alles war immer genau das gleiche wie das letzte Mal, so als ob es schon immer so gewesen wäre…
„Wie läuft es bei Dir so? Lydias Frage zerriss meinen Gedankenkreis.
„Gut“ hörte ich mich sagen. „Gut…“ Gut, eben so wie es läuft nach Jahren. Jahren. “Wollen wir nich nen Kaffe machen” fragte Lydia und hob die Kanne hoch.
Ich verspürte nicht die geringste Lust aufzustehen und irgendetwas zu tun, was mir ganz und gar nicht entsprach. Etwas wie Widerstand kam in mir auf, nein es war Wut.
Ich starrte die Kanne an als ob sie durch meinen Blick zerspringen sollte.
„was ist denn mit dir los“ wollte nun Lydia wissen. Immer noch die Kanne vor meinem Gesicht rumschwenkend und nicht mehr so gereizt.
“Nichts”, brachte ich noch hervor und: “Ich dachte nur das ich euch beneide, da ist immer was los”
„„Wieso“ meinte Lydia „mir langt was Joe mir so bereitet - ich sag dir –stell dir mal vor jetzt hat er sich sogar ein Zimmer in einer Wg gesucht und als Atelier eingerichtet. „Toll“ entfuhr es mir spontan Lydias kritischer Blick sagte mir das es keineswegs okay war.
„Toll findest du das? Wo er doch das Riesenzimmer bei mir hat?“ also weißt du.““
Mir zog sich wieder alles zusammen Ich fühlte mich plötzlich allein. Das Gefühl in meiner Magengrube verstärkte sich. Lydia und ich hatten uns früher sehr nahe gestanden..wir wussten immer was die andere fühlt. Das war anders geworden. Ja anders- da war eine Mauer. Ich weiss nicht mehr seit wann sie da war. Kann es nicht fassen. Ich hatte so ein warmes Gefühl wenn sie da war. Ein Lächeln breitete sich aus in Erinnerung an alte Geschichten wo sie für mich da war. Einfach so. wir zwei- ein Team. Auch zärtlich kümmernd. Wo war diese Gefühl hin? Und war es nicht dieses Gefühl was ich vermisste?
Dieses Gefühl einfach zu sein zu fühlen und zu wissen die andere fühlt es auch- dieser Blick diese Berühren- wo war das denn?
Ja es war weg nach der Sylvesternacht als sie sich an Lydia anschmiegte und Joe gegenüber an der Bar diesen Blick rüberwarf- da hatte sie sich nichts gedacht- doch Lydia zog sich zurück-sagte das sie so was nicht wolle.
Sie hatte nie verstanden was sowas sein sollte. Den Abend davor hatten sie noch Arm in Arm Musik gehört und miteinander geschmust. So wie das Freundinnen eben tun. Ja, dachte sie nun, das war der Zweitpunkt ab dem es vorbei war und bei ihr diese seltsame Spannung Lydia gegenüber auftrat. So als wäre die Unschuld dahin. Aber auch so als hätte Lydi sie verraten...
(Plot “Tamara”)
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